Seit März 2015 veröffentlicht die überregionale Klavierstimmerei Praeludio® auf einer eigenen Seite Hörbeispiele von Klavierstimmungen aus dem Landkreis Kelheim. Die Audiodateien sind ausgelagert. Wenn Sie auf ein Hörbeispiel klicken, öffnet sich die neue Seite hearthis.at/praeludio
Sie hören die Aufnahmen vor und nach der Stimmung eines Klaviers der Marke Steudtner. Das Klavier wurde in der Ersten Piano-Fabrik Chemnitz gebaut und stand bis vor kurzem in Leipzig. Aufgrund der immer währenden Veränderungen des Lebens suchten die Besitzer für eines ihrer Pianos einen neuen Besitzer. Sie wollten wissen, wo ihr Klavier hinkommt und wer es in Zukunft spielt. Ein Zufall brachte die richtigen Menschen zusammen und so gelangte das Klavier nach Bayern in den Landkreis Kelheim. Die neuen Besitzer hatten das Glück, dass Ihre Wahl auf die Klavierstimmerei Praeludio® fiel. Denn nun wissen sie umfassend über das Innenleben ihres Klaviers Bescheid.
Im Gegenzug erfuhr der Klavierservice von der Klavierspielerin, dass diese zwar in jungen Jahren am Klavier ausgebildet worden ist, aber heute von sich sagt, dass sie nur nach Gehör spielen könne, nicht mehr nach Noten. Noten würden ihr einfach nicht so liegen. Das interessiert mich natürlich sehr, da ich aus vielen Gesprächen mit meinen Kunden weiß, dass dieses Muster gar nicht selten ist. Dazu kann ich einige Tipps geben, da nämlich die unterschiedlichen Lerntypen heute durch die Möglichkeiten der neuen Medien das richtige Lernmaterial angeboten bekommen:
Dass man sich lediglich über das Gehör selbst anspruchsvollere Werke der Klassik nicht nur erarbeiten, sondern auch bis zur Konzertreife entwickeln und stabilisieren kann, zeigt das mögliche Spektrum auf. Musik lernen ohne Noten ist alles andere als eine Utopie. Doch um diesen Schatz zu heben, braucht es Betroffene, die Einblicke in ihre persönlichen Erfahrungen gewähren. Mir hat einmal die Konzertpianistin Dr. Henriette Gärtner davon erzählt, dass sie erst mit 12 Jahren Noten lesen gelernt hat. Dazu muss man wissen, dass ein wesentliches Highlight der Vita Henriette Gärtners darin besteht, dass sie nicht nur bereits mit 3 Jahren begonnen hat, Klavier spielen zu lernen, sondern dass sie schon mit 5 Jahren ihr erstes öffentliches Konzert gespielt hat. Wie man auf ihrer Homepage www.henriette-gaertner.com/vita.html lesen kann, spielte sie im Rahmen der Internationalen Musikwochen Luzern mit den Festivals Strings Lucern. Doch da Henriette Gärtner als Konzertpianistin in der Meisterklasse spielt und somit eine Vertreterin der Live-Reproduktionsmusik ist, werden ihre Erfahrungen, wie man sich klassische Werke ohne Noten so aneignet, dass man sie anschließend selbst unter dem Druck des Auftritts vor Publikum wiedergeben kann, vermutlich ihr Geheimnis bleiben.
Letztendlich unterstützen die Technologien der neuen Medien den Selbstlerner. Von dieser Kategorie habe ich schon zahlreiche Kunden erlebt, und mich von deren erstaunlichen Ergebnissen beeindrucken lassen. Bei der Gelegenheit ermutige ich die Selbstlerner immer wieder dazu, ihren persönlichen Lernweg mittels Tagebuch zu dokumentieren. Das Thema Lernen ist einfach zu wichtig, als dass man es Institutionen oder der Wissenschaft überlassen darf. Es mag auf den ersten Blick verwundern, aber es ist nicht gesichert, dass das dort gefundene Wissen bei uns Menschen ankommt. Aktuell gelangt es eher in die Entwicklung von selbstlernfähigen Robotern als in unsere Kindergärten und Schulen.
Selbstlerner sind meiner Ansicht nach die Vorboten der sich bereits ereignenden Veränderungen. Im Bildungsbereich wird aus dem Lehrer als Wissensvermittler ein Begleiter, Motivator und Interessen-Erwecker. MOOC (Massive Open Online Course) ist eine weitere Erscheinung der sich rasant und positiv entwickelnden Bildungslandschaft. Anstatt wie bislang über Qualifikationen im Wesentlichen von Wissen auszuschließen, wird nun das Wissen für jedermann online zugänglich gemacht. In diesem Geist verändert sich bereits die Wissens- und Könnensvermittlung innerhalb der Musik, wie die von mir oben genannten Beispiele zeigen.
Alle Klavier spielenden Unikate mit Vorstellungen, Ideen, Ansichten und/oder Verhaltensweisen, die vom Massenmarkt abweichen, muss man in ihrem So-Sein als besonders wertvoll bestätigen. Diese Denkweise ist dem Gegenteil unseres derzeitigen Bildungswesens verpflichtet, nämlich anstelle der Gleichheit den Unterschied, die Einmaligkeit des Individuums anzustreben und wertzuschätzen. Das ist die Grundlage, um anschließend in einem konstruktiven Miteinander den Irrsinn einer Gesellschaft überwinden zu können, die dem Primat der Konkurrenz folgt. Wer also die Tendenz verspürt, lieber zu improvisieren, anstatt das immer Gleiche zu reproduzieren, dem kann man sagen, dass er jene Kunstform pflegt, die zur Zeit von Johann Sebastian Bach und somit eben unter den klassisch geprägten Musikern noch weit verbreitet war. Erst in den letzten Jahrhunderten verkümmerte die hohe Kunst der Improvisation zur Interpretation. Häufig klagen die auf dem allgemein üblichen Lehrweg ausgebildeten Musiker darüber, dass sie zwar schon anspruchsvolle Stücke spielen könnten, aber ohne die Vorgabe von Noten aufgeschmissen wären. Das Bewusstsein über die Unfähigkeit, Musik als Sprache der Gefühle umfassend gestalten zu können, empfinden diese Menschen als Manko. Waren vor 300 Jahren die Kompositionen am Anfang und Ende noch für die Improvisation durch den vortragenden Musiker offen, so wurden die Werke in der folgenden Zeit immer exakter festgeschrieben. Das heißt, der Spielraum für die Gestaltung wurde immer enger. Längst ist es an der Zeit, die Spielräume wieder zu öffnen, Kreativität zu fördern. Nur wenn die Musik einen zeitgemäßen Beitrag fürs Leben und Überleben leisten kann, kann sie einen Mehrwert generieren. Neben der Entspannung sind die typischen Leistungsbereiche der Musik die Förderung von Kreativität und Gestaltungsfähigkeit. Und selbst wer sich auf die Reproduktion der Werke der Musikgenies der vergangenen Jahrhunderte konzentriert, kann im Sinne einer Lebensschule aus einem reichen Fundus schöpfen, der bislang vom klassischen Musikunterricht kaum bedient wird:
Sie wussten es bereits: Das #Klavier eine #Seele! Neues Hörbeispiel: http://t.co/DX9BwKiuQt pic.twitter.com/5ds39lcSu0
— Matthias Meiners (@Praeludio) 1. März 2015